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MADAME MOUSTACHE AUF DER SPUR DES MYTHOS BURGUND

Aktualisiert: 17. Juli




Ein beliebter Witz in Frankreich ist die Frage: „Wie wird man am schnellsten zum Millionär? - Man ist Milliardär und kauft sich einen Weinberg.“ Madame Moustache besitzt einen einzelnen Weinstock auf ihrem Balkon und ihre Sorge um allein diese eine Pflanze bei Spätfrost, Hagel oder Trockenheit überfordert sie schon massiv. Nicht auszudenken, wie es den Winzern und Winzerinnen geht. Von den Launen der Natur abhängig zu sein ist schlimm genug und dann gibt es natürlich Trends, die den Weinmarkt beeinflussen. Recht unbeeindruckt zumindest von letzteren zeigt sich das zwischen Dijon und Lyon gelegene Burgund. Dieses gehört mit Bordeaux sicher zu den renommiertesten Weinregionen Frankreichs. Gedanken über die Nachfrage muss man sich hier zumindest nicht machen, die Region gehört zu den absoluten Spitzenreitern was die Preisentwicklung angeht, der Umsatz hat sich in den letzten zehn Jahren verdoppelt und beträgt derzeit 2, 3 Milliarden.


Schön für das Burgund, aber sehr schade für uns Weinliebhaber:innen. Immer schwieriger ist es geworden gute und noch leistbare Burgunder zu finden. Wie nähert man sich also dieser legendären Weinregion? Um ehrlich zu sein mit sehr viel Respekt, gilt sie doch als Wiege des Qualitätsweines und als Maßstab für Weine aus den Rebsorten Chardonnay und Pinot Noir, außerdem ist sie recht kompliziert und häufig überteuert.  Die Gründe hierfür sind zum einen, dass die Aufteilung der Rebflächen aus historischen Gründen sehr kleinteilig ist und zum anderen, dass sich die ganze Welt um den Ertrag weniger Hektar reißt. Natürlich spielt auch das Prestige eines Weinguts, das hier Domaine heißt, eine Rolle.


Sehen  wir uns also den Mythos Burgund mit seinen über 2000 Jahren Weingeschichte etwas genauer an. Schon die keltischen Gallier waren echte Weinfreaks, sie importierten ihn sogar aus Griechenland und Italien, vermutlich bauten sie bereits im 2. Jahrhundert v. Chr. auch eigene Weine an. Aber wie so oft in Europa waren es die Römer mit ihrem Wissen über Weinbau und später die christlichen Klöster, welche die Rebkultur  der Region entscheidend geprägt haben. Die Aufzeichnungen der Mönche ermöglichten eine stetige Verbesserung der Anbaumethoden. Schon früh erkannten sie die Besonderheiten einzelner Lagen, welche aufgrund der unterschiedlichen Bedingungen ganz unterschiedliche Weine hervorbringen konnten.  Dementsprechend teilten  sie die Weingärten in climats ein, diese haben nichts mit Meteorologie zu tun, sondern richten sich nach Bodenart, Neigung und Sonnenexposition. Der Terroir Gedanke, also der Einfluss von Boden, Klima und Arbeit der Menschen  auf den Wein, hat hier seinen Ursprung. 2015 wurden die 1247 climats des Burgunds zum Weltkulturerbe ernannt.


Die Mönche pflanzten die Rebstöcke, zum Schutz ihres wertvollen Besitzes, in umfriedeten Weingärten an, den sogenannten clos, die noch heute die Landschaft wie ein Mosaik unterteilen und im krassen Gegensatz zu den weitläufigen Weingütern im Bordeaux stehen. Die „frommen“ französischen Könige und Adelige trugen weiter dazu bei, dass die Rebflächen der Klöster immer zahlreicher wurden. Mit Schenkungen hofften sie, sich von ihrem lasterhaften Leben freizukaufen. Außerdem erfüllte der Wein sowohl in den Klöstern als auch bei Hofe eine repräsentative Funktion, die Gäste wurden damit bewirtet und er wurde zum beliebten diplomatischen Geschenk. Dies verhalf dem burgundischen Weinen früh dazu, dass sich ihr Ruhm über die Landesgrenzen hinaus verbreitete. Nach der Revolution durfte auch das Bürgertum mitmischen, was zu einer weiteren Zersplitterung des Weinbaugebiets und der Entstehung zahlreicher Handelsgesellschaften und Kooperativen geführt hat.

 

Aber zurück in die Neuzeit - obwohl die Weinbauregion Burgund gerade mal vier Prozent der französischen Rebfläche entspricht, gibt es hier 84 verschiedene Appellationen (geschützte Ursprungsbezeichnungen), das träg natürlich nicht gerade zur Übersichtlichkeit bei. Das Ganze kann man sich wie eine vierstufige Pyramide vorstellen: Unten befinden sich sieben verschiedene generische und regionale Bezeichnungen - auf dem Etikett steht Bourgogne mit eventuell weiteren geographischen Bezeichnungen oder der Rebsorte bzw. Weinart (z.B. Côte d’Or, Bourgogne Aligoté, Crémant de Bourgogne…). Danach folgt die Gemeindeebene mit der Appellation Village (34 %), die Spitze bilden die Lagenweine: die Premier Cru (10 %) und ganz oben die Grand Cru (2 %) - auf dem Etikett stehen der Name des Ortes und des climats (Parzelle). Alles klar?

 

Die große Nachfrage aus der ganzen Welt hat burgundische Weine zu einem beliebten Investitionsobjekt gemacht, um das sich Banken und Fonds reißen, die bereit sind, sowohl für Weine als auch Rebflächen astronomische Summen zu bezahlen. Ob ein Romanée-Conti 1945, der aktuell teuerste Wein der Welt, seine 489.000 Euro wert ist, kann Madame Moustache leider mangels diesbezüglicher Verkosterfahrung nicht beurteilen, aber für einen einfachen weißen Bourgogne von der Côte de Nuits 2500 Euro hinzublättern, sieht sie partout nicht ein. Madame Moustache trinkt ihre Weine lieber, statt sie als Spekulationsobjekt in ihrem Keller zu hüten. Daher hat sie eine ganze Weile gesucht um ein Weingut aufzutreiben, dessen Weine für sie die Region perfekt präsentieren und preislich interessant sind. Sie hat sich nicht entmutigen lassen und freut sie sich jetzt umso mehr über ihre Entdeckung: Die Domaine Cluny ist ein in der siebten Generation geführter Familienbetrieb in Brochon.  Das Dorf gehört zu der legendären Côte d’Or, häufig übersetzt mit der  „goldene Hang“, das ist zwar sehr lyrisch, tatsächlich kommt der Name jedoch von Orient , weil die Weinberge nach Osten ausgerichtet sind. Entlang dieser 65 km langen Hügelkette finden sich viele der berühmtesten Weingemeinden. Sie setzt sich zusammen aus vier Teilen, zwei der wichtigsten sind im Norden die Côte de Nuits, hier wachsen die  besten Rotweine und im Süden die Côte de Beaune mit den besten Weißweinen. Die Domaine Cluny liegt im nördlichen Teil.


Vor ein paar Jahren haben die Schwestern Camille und Léa die Leitung des Weinguts mit 7 ha Rebfläche übernommen, unterstützt werden die zwei von Léas Mann Édouard. Ihre Weinberge erstrecken sich über 10 km und liegen zwischen Fixin und Chambolle-Musigny, die genaue Lage jedes Weines ist auf dem Etikett abgebildet. Camille hat internationale Weinwirtschaft in Dijon studiert, Léa empfängt die Gäste des hauseigenen Gîtes und Édouard hat dafür gesorgt, dass die Arbeit im Weinberg immer nachhaltiger wird (HVE Level 3 zertifiziert). Auch im Keller lassen die drei größte Sorgfalt walten: Nachdem die Trauben von Hand gelesen und selektioniert sind, werden sie entrappt und dürfen spontan (ohne Zusatz von Reinzuchthefen) vergären. Anschließend reifen sie 12 bis 18 Monate in Eichenfässern. Für jeden Wein wird die Zusammenstellung neuer und gebrauchter Fässer neu festgelegt, da jeder Jahrgang, jede Parzelle andere Voraussetzung mit sich bringt.  Die Weine haben alles was Madame an klassischen burgundischen Weinen schätzt und sind gleichzeitig modern: charmant, präzise und vor Lebendigkeit strahlend.

 


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